WupperOne929 UrbanArt e.V.
Stadtmarketingpreis 2024
Eine Open-Air-Galerie für die Stadt.
Valentina Manojlov bringt mit ihrem Projekt „Urbaner Kunstraum“ Farbe in die Stadt – Kunst ist für sie auch eine Chance zur Teilhabe.
Valentina Manojlov hat ein einfaches, aber nachhaltiges Motto: „Ich mache es fett oder gar nicht“, sagt die Leiterin des Projekts „Urbaner Kunstraum“, das mit Street Art auf Häuserfassaden Wuppertal seit 2023 in buntere Farben und ungewöhnliche Motive kleidet und so die Stadt in eine Open-Air-Galerie verwandelt. Seit dem Jahr 2006 befasst sich Manojlov mit Street Art, gemeinsam mit Mitstreiterinnen und Mitstreitern hatte sie im Juni 2020 den Verein WupperOne929 Urban Art gegründet, um unter anderem das Projekt „Urbaner Kunstraum“ umzusetzen. 24 Häuserfassaden in 24 Stadtteilen sollen bis 2025 von 24 nationalen und internationalen Street-Art-Künstlern gestaltet werden.
Bis Ende dieses Jahres sollen rund 20 künstlerisch gestaltete Häuserfassaden - sogenannte Murals - in Wuppertal entstehen. Die Werke sind inspiriert von der zunächst auf illegalem Terrain entstandenen Kunstform des Graffiti, die als eine der Säulen der Hip-Hop-Bewegung gilt. Unter dem Begriff „Street Art“ hat diese Kunstform in den vergangenen Jahren auch die Welt der Galerien und Museen erobert.
Die 59 Jahre alte Manojlov, die sich auch in ihrem Kleidungsstil der Hip-Hop-Bewegung verpflichtet fühlt, wählt da den anderen Weg. Sie will Kunst allem und jedem frei zugänglich machen und zur Verfügung stellen. Entsprechend einfach ist auch ihre Definition von Street Art. „Street Art ist alles, was man künstlerisch im öffentlichen Raum machen kann“, sagt sie. Sie lasse bei der Auswahl für ihr Projekt den Künstlern bewusst „eine große Freiheit“ bei der Gestaltung der Werke.
Eine lockere Vorgabe gibt es allerdings. Die Murals sollen - zumindest im weitesten Sinne - den Themenbereich Heimat, Identität und Kunst betreffen. Die eingeladenen Künstler könnten das Thema dann aber „frei interpretieren“, betont Manojlov. So entstanden unter anderem haushohe Bilder, die einen Elefanten zeigen, der in eine Spieluhr eintaucht, oder ein Haufen Murmeln, die auf den Betrachter zurollen. Für seine Arbeit erhält das Projekt eine Förderung durch das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes NRW in Höhe von 637.000 Euro. Hinzu kommt eine Unterstützung durch Sponsoren und lokale Förderer in Höhe von 270.000 Euro.
Dass man bei der Planung und Umsetzung der Werke groß denken muss, machen schon die Dimensionen der Arbeit deutlich. So müssen die zur Verfügung gestellten Hauswände mindestens 100 Quadratmeter messen. Für die Umsetzung der Murals ist viel Vorarbeit notwendig, die Künstlerinnen und Künstler sind in der Regel sieben bis zehn Tage vor Ort im Einsatz. Manche Bilder würden traditionell vor allem mit Spraydose gesprüht, andere eher großflächig mit Wandfarbe realisiert.
Bevor eine Fassade zur Gestaltung ausgewählt wird, suchen Manojlov und ihr Team zudem das Gespräch mit Besitzern, Nutzern und Anwohnern der Gebäude. Gerade dieser Aspekt sei wichtig für ihre Arbeit, betont die Projektverantwortliche, will man die Kunst doch der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen und zur Auseinandersetzung mit künstlerisch-kreativen Themen anregen. Street Art sei „eine demokratische Kunstform“, deshalb solle sie auch allen Bürgerinnen und Bürgern für eine ästhetische, emotionale oder sonstige Art der Auseinandersetzung zur Verfügung stehen. Die Menschen könnten sich zudem schon bei der Herstellung des Murals vor dem Werk treffen und ihre Einschätzungen dazu abgeben.
Gerade unter Street-Art-Künstlern genießt die Stadt mittlerweile einen guten Ruf. „Wir arbeiten hier auf Weltniveau“, betont die Projektverantwortliche. Sicherlich wisse der eine oder andere Künstler, den sie im Ausland um eine Beteiligung an dem Projekt anfrage, nicht immer, wo Wuppertal denn nun gerade in Deutschland liegt. Bei den Besuchen vor Ort erlebe man aber immer eine große Neugierde der Künstlerinnen und Künstler auf die Stadt und ihre Gegebenheiten.
Mit ihrem Projekt des „Urbanen Kunstraums“ möchte Manojlov auch das bisweilen vorherrschende Image der Stadt Wuppertal etwas ändern. Und das heißt vor allem am eigenen Bild und der Selbstwahrnehmung arbeiten: „Leider mag sich die Stadt manchmal selbst nicht“, bedauert Manojlov, die 16 Jahre lang eine Galerie für Design in Wuppertal betrieben hat. Bei der Umsetzung des Projekts machte sie dann die Erfahrung, dass der in Wuppertal viel kritisierte Hang zum „Moppern“ durchaus überwunden werden kann - oder vielleicht auch ein mittlerweile überlebtes Klischee ist.
So habe sie bei der Umsetzung des Projekts in der Stadt nur ganz wenige negative Stimmen gehört, freut sich die 59-Jährige. Im Vorfeld habe sie „eigentlich mit viel mehr Widerstand“ gerechnet, umso schöner sei es, dass ihr ambitioniertes Vorhaben auf so eine breite Unterstützung stoße. Und insofern verstehe sie die Verleihung des Preises für Stadtmarketing auch weniger als eine persönliche Würdigung. „Für mich ist das ein Preis, den wir alle verdient haben“, sagt sie lachend.
Der Text wurde von Michael Bosse (WZ) geschrieben.